Die Debatte über die ständige Veränderung von Sprache wird zu vielen Anlässen sehr erbittert geführt: Auf der einen Seite die Befürworter der Veränderung, die gerne mehr Neologismen, Anglizismen oder andere Lehnwörter in den DUDEN aufgenommen sehen würden, auf der anderen Seite die Gegner, die zu viele fremde Einschläge in die deutsche Sprache missbilligend beobachten.

Doch ob Gegner oder Befürworter, Sprache verändert sich! Und zwar im gleichen Maße wie ihre Sprecher und das Geschehen um sie herum. Denn Sprache gibt wieder, was die Menschen bewegt.

Ein besonders schönes Beispiel hierfür sind die jeweiligen Wörter und Unwörter des Jahres. Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählt seit 1977 jedes Jahr zehn Wörter und Phrasen, die das politische und gesellschaftliche Leben der Menschen sprachlich in dem jeweiligen Jahr in besonderem Maße geprägt haben. Daraus folgt, dass das betreffende Wort auch überdurchschnittlich häufig benutzt worden und in den Medien Anwendung gefunden haben muss, aber nicht nur die Anzahl der Benutzungen, sondern auch die Relevanz des Wortes sind entscheidend für die Jury.

In der Aktion „Unwort des Jahres“, deren Juroren verschiedene Universitätsprofessoren sind, werden dagegen jedes Jahr die Wörter gewählt, die laut der Jury „gegen die sachliche Angemessenheit oder Humanität verstoßen“. Damit üben sie anhand der Sprachuntersuchung Gesellschaftskritik und prangern Entwicklungen und Denkströme an, die sie als nicht wünschenswert erachten und die gegen verschiedene demokratische oder sittliche Richtlinien verstoßen.

Anhand beider Aktionen werden die signifikanten Großereignisse des jeweiligen Jahres klar ersichtlich, man erhält ein relativ differenziertes Bild des Jahresverlaufs für die Bevölkerung und ihrer Bewertung der Geschehnisse. Sehr gut sieht man das an den erstplatzierten (Un-)Wörtern des vergangenen Jahres, Lichtgrenze als zentrales Wort der Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum des Mauerfalls und der deutschen Wiedervereinigung. Dieses Wort steht daher für die Überwindung aller Feindseligkeiten zwischen Ost und West und wird somit zu mehr als einem puren Wort, vielmehr zu einem Symbol. Dagegen zeigt Lügenpresse deutlich, dass das Vertrauen der Bürger in die Medien auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen ist. Resultierend war 2014 für die Mehrheit der Deutschen also ein sehr zwiespältiges Jahr, nicht nur wegen dem Aufkommen der Ukraine-Krise oder der immer noch ungelösten Angelegenheit mit den IS, sondern auch auf innerstaatlicher Ebene: auf der einen Seite der Triumph über 25 Jahre wiedervereinigtes, souveränes Deutschland, auf der anderen Seite ein tiefes Misstrauen gegenüber der medialen Berichterstattung und möglicherweise sogar gegenüber dem Staat selbst.

Diese Stimmungen schleichen sich im Alltag in die Wortwahl ein und beeinflussen so den Sprachgebrauch als Gesamtes, der somit den Zeitgeist unverfälscht reflektiert.

Um dazu in der Lage zu sein, ist Sprache aber gezwungen, sich ständig zu verändern, denn nur auf diese Weise bleibt sie die Sprache ihrer Sprecher und wird nicht zu etwas Statischem, von ihnen Losgelöstem. Denn Sprache ist für die Menschen da, und nicht umgekehrt!



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